Mein erster Schultag
Ostern 1936 wurde ich in die Melanchthon-Schule (im Krieg hiess sie "Wilhelm-Gustloff Schule", heute heisst sie "Grundschule Grüner Weg") in Obercastrop eingeschult. Ein kleiner dicker sechsjähriger Junge, der immer essen konnte, musste jetzt zur Schule.
Im Klassenzimmer sass ich ganz hinten, weil ich dachte, da sei ich unbeobachtet. Meine Mutter hatte mir Brote mitgegeben. Ich hatte Hunger und so packte ich eines aus und fing an zu essen.
Unser Klassenlehrer war Wilhelm Fleige (später wurde er von uns Kindern nur "Fleigen Wilm" genannt). Er sah, dass ich am essen war und nahm mir das Brot ab mit der Bemerkung, dass im Unterricht nicht gegessen würde.
Nach einigen Minuten hatte ich wieder Hunger. Und da ich noch weitere Brote im meiner Tasche hatte, nahm ich das nächste Brot und fing wieder an zu essen.
Da kam der Lehrer, ein Riese von 100 Kilo, auf mich zu, schnappte mich, und schleppte mich unter dem Arm nach vorne und setzte mich ans Pult. Jetzt musste ich von Vorne am Unterricht teilnehmen.
Auf dem Pult sah ich nun aber das Butterbrot, dass er mir zuerst abgenommen hatte. Was tun? Ich hatte Hunger. Also schnappte ich mein Brot, biss hinein und verputzte es.
Da konnte man den Fleigen Wilm das erste mal wütend sehen: Er drohte mir, mich an den Nasenlöchern aufzuhängen, wenn ich das nochmal machen würde. Ich war so eingeschüchtert, ich habe nie wieder im Unterricht etwas gegessen.
Als ich schon ein junger Erwachsener war, habe ich meinen alten Lehrer zufällig wieder getroffen und begrüsste ihn. Erst konnte er sich nicht an mich erinnern, aber als ich ihm meinen Namen sagte, meinte er: "Ach Du bist der kleine Verfressene." Wir haben beide herzhaft gelacht.
Ich habe viel beim Fleigen Wilm gelernt. Gott hab ihn selig!
hehe :) lustige geschichte
tolles blog btw