Womit bohrt Ihr eigentlich?
Mein Wechsel vom Bergmann zum Betriebsstellenbuchhalter klappte ganz gut. Nach einiger Zeit hatte ich mich daran gewöhnt, mit Schlips und Kragen morgens auf der Betriebsstelle zu erscheinen.
Ich nahm meinem Chef, dem "Alten", nach und nach immer mehr Arbeit ab. Das gefiel ihm gut und machte ihn frei für repräsentative Aufgaben.
Wenn irgend etwas war, sagte er immer "geht damit zu meinem Bürovorsteher" und meinte mich damit. Ich kannte ja auch die Sorgen der Kumpel aus eigenem Erleben und ich habe mich für sie eingesetzt.
Auch mit den Leuten aus dem Zechenmagazin hatte ich ein gutes Verhältnis. Wenn wir, die Deilmänner, etwas brauchten, war es kein Problem, es klappte sofort und wir konnten uns darauf verlassen.
Das Ende der Zeche Erin zeichnete sich schon lange vorher ab. Uns wurde von den Magazinern der Zeche Bohrkronen und Bohrstangen für jeweils eine D-Mark angeboten. Es handelte sich um Überbestände und Überhang von der Jahresinventur, die nicht mehr benötigt würden, so sagte man uns.
Das Angebot nahm ich gerne an. Denn so mussten wir diese Materialien nicht bei uns über die Hauptverwaltung einkaufen, zu einem Stückpreis von 42 DM.
Eines Tages hatten wir Befahrung von unserem Betriebsinspektor, der auch unsere gesamte Buchhaltung prüfte. Bei der Abschlussbesprechung lobte er uns für unsere guten und korrekten Bücher - er hatte keinen einzigen Fehler zu bemängeln.
Nur eine einzige Sache würde er nicht verstehen und fragte uns: "Womit bohrt Ihr eigentlich? Macht Ihr das mit Besenstielen?"
Er meinte, laut Bohrstatistik hätten wir pro Bohrmeter Kosten für Bohrkronen haben müssen, die wir aber nicht hatten.
Wir mussten die Wahrheit beichten, dass wir die Bohrmeter aus der Spesenkasse bezahlten.
Sein offizieller Kommentar dazu war "Sofort einstellen!". Ab da enthielt unsere Bohrstatistik wieder Bohrmeterkosten.