Der blaue Aquamarin


1946 wurde in Merklinde der Schrebergarten an der Wittenerstraße angelegt, wir bekamen auch eine Parzelle.

Jetzt war arbeiten im Garten angesagt, aber ich war zu der Zeit 17 Jahre und Gartenarbeit war nichts für mich.

Doch ablehnen half nichts, ich musste helfen. Der Boden des Schrebergartens war vorher Ziegeleigelände gewesen, den zu bearbeiten war schwere Arbeit.

Eines Tages fand ich beim Umgraben etwas Glitzerndes. Ich nahm es mit nach Hause, um es zu säubern. Der glitzernde Dreckklumpen entpuppte sich als ein Silberring mit einem blauen Aquamarin und ich wusste auch schon, wem ich den schenken wollte.

Meine Wochenendzeit verbrachte ich mit meinen Freunden auf dem Schellenberg; da war unsere Stammkneipe, das Tanzlokal Raffelsiepen. Am Tanzabend spielte eine Kapelle mit einer Sängerin, die sehr gut singen konnte. Bei kirchlichen Trauungen sang sie in der Kirche oft das "Ave Maria", da bekam ich Gänsehaut. Sie war 18, ich war 17 und sie war meine Freundin. Ich schenkte ihr den Ring als Freundschaftsring. Ich war aber zu jung für eine feste Bindung und nach einem Jahr gingen wir auseinander.

Nach einigen Jahren, ich war inzwischen verheiratet, traf ich sie mit ihrem Mann. Wir sprachen miteinander und sie erzählte ihrem Mann, dass der Ring, den sie an sich trug, von mir sei. Ich sah sie danach nie wieder.

Letzten Montag ging ich zum Seniorenkaffee hier bei uns in der Wohnanlage und nach dem Kaffee ging ich bei dem schönen Wetter noch eine Runde durch den Park. Beim Rausgehen saß draußen auf ihrem Rollator eine ältere Dame, die mich freundlich grüßte, die ich aber nicht kannte und die ich freundlich zurückgrüßte.

Nach meinem Rundgang traf ich sie erneut und sie grüßte wieder freundlich. Jetzt war ich aber neugierig und fragte, ob sie auch hier in der Wohnanlage wohnt und ob wir uns kennen.

Sie nickte nur bejahend und hielt mir ihre linke Hand entgegen. Sie trug einen Silberring mit einem blauen Aquamarin.

Den Ring erkannte ich sofort wieder. In Sekundenschnelle lief ein Film in meinem Kopf ab und die Erinnerungen waren wieder präsent. Sie hatte mich schon Tage vorher wieder erkannt, aber nicht getraut mich anzusprechen.

Wir standen noch lange zusammen.
Zwei "Alte" mit ihren Rollatoren erzählten sich ihre Lebensgeschichten.

Information und Links

Mach mit! Kommentiere diesen Artikel, oder schaue was andere schon gesagt haben, oder verlinke von Deinem Blog.


Kommentare

Hat mich ganz groß gefreut, dass es wieder einmal eine neue Geschichte gegeben hat - und dann noch so eine anrührende. Ganz lieben Dank fürs Mitteilen und Teilen dieser schönen Erfahrung!